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Befreiungstheologie


Die Befreiungstheologie ist eine Bewegung der christlichen Theologie, die die Lehren Jesus Christi als Befreiung von ökonomischen, politischen und sozialen Ungerechtigkeiten versteht. Sie wurde von Befürwortern als „eine Interpretation des christlichen Glaubens durch das Leiden, den Kampf und die Hoffnung der Armen gesehen und als Kritik der Gesellschaft, des katholischen Glaubens und des Christentums durch die Augen der Armen.“ Für die Gegner ist die Befreiungstheologie eine Art des Christentums, das vom Marxismus und dem Kommunismus verdreht ist.

Obwohl die Befreiungstheologie nach und nach zu einer internationalen und interkonfessionellen Bewegung wurde, hat sie ihre Ursprünge in den 50er bis 60er Jahren in der römisch-katholischen Kirche in Lateinamerika. Im Prinzip war die Bewegung eine Antwort auf die Armut, die durch die soziale Ungerechtigkeit in dieser Region entstanden war. In den 70er und 80er Jahren gewann die Bewegung an Bedeutung. Der Begriff wurde von dem peruanischen Priester Gustav Gutiérrez geprägt, der mit Theologie der Befreiung (1971) eines der bekanntesten Bücher der Bewegung schrieb. Andere nennenswerte Autoren sind Leonardo Boff aus Brasilien, Jon Sobrino aus El Salvador und Juan Luis Segundo aus Uruguay.

Der Einfluss der Befreiungstheologie schwand, als Befürworter, die sich auf Konzepte von Marx stützten, von der vatikanischen Glaubenskongregation in den Jahren 1984 und 1986 verwarnt wurden. Die Dokumente aus dem Vatikan üben Kritik an einigen Punkten der Befreiungstheologie, wie zum Beispiel daran, dass man sich auf die institutionellen Dimensionen der Sünde fokussiert und damit das Individuum ausschließt und dass man angeblich die Kirchenhierarchie als Mitglieder der privilegierten Klasse identifiziert.


Inhalt

1. Theologie

1.1. Kritik

2. Geschichte

2.1. Reaktionen seitens der katholischen Kirche

3. Befreiungstheologie in der Praxis


Theologie

Die Idee der Befreiungstheologie ist es, Armut zu bekämpfen, indem man sich an ihre angebliche Quelle wendet: die Sünde. Dadurch kann man die Beziehung zwischen der christlichen Theologie (besonders der römisch-katholischen Theologie) und dem politischen Aktivismus (besonders soziale Gerechtigkeit, Armut und Menschenrechte). Das wirklich methodisch Innovative ist, dass man die Theologie aus der Sicht der Armen und der sozial oder politisch Unterdrückten betrachtet. Jon Sobrino, S.J., z.B. argumentiert, dass die Armen ein privilegierter Kanal von Gottes Gnade sind.

Befreiungstheologen stützen ihr soziales Handeln auf die Mission Jesus Christi, in der er das Schwert bringt (soziale Zwietracht) und nicht den Frieden (soziale Eintracht), siehe Jesaja 61:1, Matthäus 10:34, Lukas 22:35-38, Matthäus 26:51-52. Diese biblische Interpretation ruft zum Handeln auf gegen die Armut und die daraus entstehenden Sünden. Außerdem ist es ein Aufruf an die Waffen, um Jesus Christus Aufgabe, die Welt gerechter zu machen, erfüllen zu können. In der Praxis enthält die Theologie das marxistische Konzept des Klassenkampfes und betont die individuelle Selbstverwirklichung als Teil von Gottes Absichten, die er für die Menschheit hat.

Gustavo Gutiérrez gab der Bewegung mit seinem Werk Theologie der Befreiung (1972) ihren paradigmatischen Ausdruck. In diesem Buch kombinierte Gutiérrez marxistische Ideen mit den Soziallehren der katholischen Kirche. Er wurde von einer sozialistischen Strömung in der Kirche beeinflusst, die Organisationen wie zum Beispiel das Catholic Worker Movement und die christliche Arbeiterjugend inkludierte. Er wurde ebenso von Paul Gauthiers Werk „The Poor, Jesus and the Church“ (1965) beeinflusst. Gutiérrez Buch basiert auf dem Verständnis, dass der Mensch früher bewusst Verantwortung für das Schicksal übernehmen konnte und trotzdem Christus, der Erlöser, die menschliche Rasse vor der Sünde befreit, die das Übel aller Zwietracht, Ungerechtigkeit und Unterdrückung ist.

Gutiérrez machte ebenso den Slogan „Option für die Armen“ bekannt, der zunächst nur für die Befreiungstheologie stand, später aber zur offiziellen Doktrin der katholischen Kirche wurde.

Gutiérrez stellte die Praxis über die Doktrin. Diesen Begriff lieh er sich aus der marxistischen Theorie (größtenteils aus dem Werk von Antonio Gramsci). Praxis stammt aus dem Griechischen und davon lässt sich auch die Praxeologie ableiten, die Studie des „menschlichen Handelns“ in der Welt und zugleich Titel eines Buches von Ludwig von Mises und verwendet von der australischen Schule. Laut Gutiérrez ist Praxis so wichtig wie der Glaube, wenn nicht sogar mehr. Daher wurde die Befreiungstheologie dafür kritisiert, dass die „Orthopraxis“ der „Orthodoxie“ übergeordnet wurde. Richard McBrien fasste dieses Konzept folgendermaßen zusammen:

Gott offenbart sich in der historischen Praxis der Befreiung. Die Situation und unsere leidenschaftliche und reflektierte Einbindung in diese vermittelt das Wort Gottes. Heute wird dieses Wort durch die Schreie der Armen und Unterdrückten vermittelt.

Ein weiteres wichtiges Kriterium für Gutiérrez Verständnis der Befreiungstheologie ist seine Interpretation von Enthüllung als „Geschichte“ So schrieb er zum Beispiel:

Geschichte ist die Szene der Enthüllung, die Gott aus dem Geheimnis seiner Person macht. Seine Worte erreichen uns im Maße unserer Einbindung in die Evolution der Geschichte.

Gutiérrez betrachtete die Kirche als ein „Sakrament der Geschichte“, ein äußerliches und sichtbares Zeichen eines innerlichen und spirituellen Geistes und machte daher aufmerksam auf die Doktrin der universellen Erlösung als das wahre Mittel zum ewigen Leben und ordnete der Kirche eine temporäre Rolle, nämlich die der Befreiung zu.


Kritik

Einige Aspekte der Befreiungstheologie wurden in zwei kritischen „Belehrungen“, der Glaubenskongregation, behandelt, die aus dem vatikanischen Büro für lehrmäßige Orthodoxie stammten. Die Belehrungen lehnten die marxistische Idee, dass der Klassenkampf für die Geschichte fundamental ist, ab. Ebenso lehnten sie die ausschließlich politische Interpretation von religiösen Phänomenen wie dem Exodus und dem Abendmahl ab. „Der Fehler hier besteht nicht darin, auf die politische Dimension der Schriften hinzuweisen, sondern aus dieser einen Dimension etwas Prinzipielles oder Exklusives zu machen.“ Dennoch war die Bewegung an sich nicht zum Scheitern verurteilt: Die Belehrungen, die

ausdrücklich eine „Option für die Armen“ gut hießen, sagten aus, dass niemand in Angesicht der Ungerechtigkeit neutral bleiben könne, und verwies auf die „Verbrechen“ des Kolonialismus und den „Skandal“ des Rüstungswettlaufes. Trotzdem neigten die Medien dazu, den Sachverhalt so darzustellen, als wäre die Verurteilung der „Befreiungstheologie“ eine Zurückweisung dieser Haltungen und eine Befürwortung einer konservativen Politik.

Joseph Kardinal Ratzinger (jetzt Benedikt XVI.). der zur gleichen Zeit, als die Belehrungen herausgegeben wurde, Präfekt der Glaubenskongregation war, veröffentlichte 1985 eine persönliche Kritik der Bewegung. In diesem Dokument behauptet Ratzinger, dass sich bei bestimmten Formen der Befreiungstheologie die Bedeutung von grundlegenden Begriffen verändert hat. Z.b. wurden Begriffen wie „Hoffnung“, „Liebe“ und „Erlösung“ eine marxistische Interpretation in Form vom „Klassenkampf“ zugeordnet.

Ratzinger argumentierte auch, dass die Befreiungstheologie ursprünglich keine Graswurzelbewegung gewesen sei, die von dem Armen initiiert wurde, sondern eher eine Kreation der westlichen Intellektuellen: „ein Versuch in einem konkreten Szenario Ideologien, die von europäischen Theologen im Labor erfunden wurden, zu testen“ und auf eine gewisse Art eine Form von „kulturellem Imperialismus“. Für Ratzinger war dies die Reaktion auf das (Beinahe)verschwinden des „marxistischen“ Mythos in der westlichen Welt.

Im März 1983 machte Kardinal Ratzinger zehn Beobachtungen über die Theologie von Gutiérrez und warf ihm vor, die Bibel politisch zu interpretieren, indem er übergangsweise Messianismus unterstützte und zu behaupten, dass die Vorherrschaft der Orthopraxis über die Orthodoxie in seinen Gedanken von einem marxistischen Einfluss zeugt.

Ratzinger war auch der Meinung, dass Gutiérrez Ideen notwendigerweise den Klassenkonflikt in der katholischen Kirche aufrecht erhalten und logischerweise zu einer Ablehnung von Hierarchie führen. Dennoch lobte Kardinal Ratzinger auch einige Aspekte der Befreiungstheologie, wie z.B. das Ideal von Gerechtigkeit, die Ablehnung von Gewalt und die Betonung der „Verantwortung“, die Christen für die Armen und Unterdrückten tragen.

Der katholische Priester und Autor Andrew Greeley kritisierte 2009 die Befreiungstheologie in seinem fiktionalen Buch Irish Tweed. In diesem Buch wird eine katholische Schule in Chicago von einem Priester übernommen, der die Befreiungstheologie lehrt und seine Ideen in der Schule einbrachte. So werden z.B. Mitglieder des Basketballteams nicht nach Fähigkeiten sondern aufgrund des wirtschaftlichen Status ihrer Familie ausgewählt.

Solche Kritiken haben Gegenkritiken erzeugt, die sagen, dass die orthodoxen Katholiken praktisch die katholische Kirche als einen Freund des autoritären Regimes formen und dass der Vatikan nicht so sehr die reine Doktrin verteidigt als vielmehr eine etablierte kirchliche und politische Ordnung aufrecht zu erhalten.

Diesen Konflikt könnte man in einigen Aspekten mit der protestantischen Reformation vergleichen. Außerhalb von Lateinamerika gehören die protestantischen Denker (wie Jürgen Moltman und Frederick Herzog).


Geschichte

Ein wichtiger Mitspieler bei der Gründung der Befreiungstheologie war CELAM, die lateinamerikanische Bischofskonferenz. 1955 in Rio de Janeiro (Brasilien) gegründet, drängte CELAM das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965) zu einer sozialeren Haltung. Trotzdem unterstützte CELAM die Befreiungstheologie niemals als solche, seitdem sie vom Vatikan als missbilligend eingestuft wurde und von Papst Paul VI versucht wurde, die Bewegung nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil einzudämmen.

Nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil hielt CELAM zwei Konferenzen, die maßgeblich die Zukunft der Befreiungstheologie bestimmte: Die erste wurde 1968 in Medellín (Kolumbien) und die zweite 1979 in Puebla (Mexiko) abgehalten. In der Konferenz in Medellín wurde darüber diskutiert, wie die Lehren des Zweiten Vatikanischen Konzils auf Lateinamerika angewendet werden könnten und das Fazit wurde stark von der Befreiungstheologie beeinflusst.

Kardinal Alfonso López Trujillo gehörte zu den zentralen Personen bei der Medellín Konferenz und wurde 1972 zum Generalsekretär von CELAM gewählt. Er stand für eine orthodoxere Position und war bald einer der Lieblinge von Papst Johannes Paul II und die „bedeutendste Geißel der Befreiungstheologie“. Trujillos wurde nach der Sucre Konferenz 1972 zur wichtigsten Fraktion bei CELAM und gewann ebenso Gewicht in der römischen Kurie nach der CELAM Konferenz (Puebla, Mexiko) im Januar 1979.

Trotz der Vorherrschaft der orthodoxen Bischöfe in der CELAM wurde in Südamerika eine radikalere Form der Befreiungstheologie unterstützt. Daher war die Puebla Konferenz im Jahre 1979 eine gute Möglichkeit für die orthodoxen Bischöfe, wieder Kontrolle über die radikalen Elemente zu erlangen, was sie aber nicht schafften. Bei der Puebla Konferenz traf die orthodoxe Neuorientierung auf eine starke Opposition der liberalen Partei der Geistlichkeit, die das Konzept der „Option für die Armen“ unterstützte. Dieses Konzept wurde bei der Medellín Konferenz durch den Präsidenten der Kommission zur Armut, Bischof Ricard Durand, bewilligt.

Papst Johannes Paul II hielt die Eröffnungsrede bei der Puebla Konferenz. Sein Ton war an sich versöhnlich . Er kritisierte die radikale Befreiungstheologie: „Die Vorstellung eines Christen als eine politische Figur, als Revolutionär, als Staatsfeind von Nazareth, deckt sich nicht mit den Katechismen der Kirche.“ Dennoch sprach er von dem „immer größer werdenden Reichtum der Reichen, der zu Lasten der immer ärmer werdenden Armen geht“ und bekräftigte, dass das Prinzip des Privateigentums „zu einer gerechteren Verteilung der Güter führen muss...und dass, wenn das Gemeinwohl es verlangt, es keinen Grund gibt, die Enteignung abzulehnen, wenn es richtig gemacht wird“. Abschließend gesehen bot der Papst weder Belobigung noch Verdammung.

Einige Befreiungstheologen dagegen (unter ihnen auch Gutiérrez) wurden von der Konferenz ausgeschlossen. Von einem Seminar aus arbeitend und mit Hilfe von wohlwollenden, liberalen Bischöfen, behinderten sie teilweise die Bemühungen des orthodoxen Klerus, die sicher gehen wollten, dass die Dokumente der Puebla Konferenz konservative Bedenken befriedigen. Nur vier Stunden nach der Papstrede, schrieben Gutiérrez und die anderen Priester eine Widerlegung von 20 Seiten, die bei der Konferenz herum gegeben wurden und die maßgeblich das Endresultat der Konferenz beeinflusst haben. Laut einer sozialpolitischen Studie über die Befreiungstheologie in Lateinamerika wurden 25% der Puebla-Dokumente von Theologen geschrieben, die nicht zur Konferenz eingeladen waren. Kardinal Trujillo sagte, dass dies eine „unglaubliche Übertreibung“ sei (Ben Zabel 2002: 139), gab aber zu, dass eine Gruppe von etwa 80 marxistischen Befreiungstheologen, die nicht an der Bischofskonferenz anwesend waren, Einfluss ausgeübt hatten.


Reaktionen seitens der katholischen Kirche

1984 gab es ein Treffen zwischen Kardinal Ratzinger, dem Vorsitzendem der Glaubenskongregation, und den Bischöfen der CELAM, bei dem sich erste Meinungsverschiedenheiten zwischen Ratzinger und einigen Bischöfen abzeichneten. Wie bereits erwähnt verurteilte Ratzinger (jetzt Papst Benedikt XVI.) in den Jahren 1984 und 1986 offiziell einige Elemente der Befreiungstheologie.

In den 90er Jahren verurteilte Ratzinger als Präfekt der Glaubenskongregation weiterhin diese Elemente in der Befreiungstheologie und verbot anders denkenden Priestern, diese Doktrin im Namen der katholischen Kirche zu lehren. Leonardo Buff wurde suspendiert und andere getadelt. Tissa Balasuriya aus Sri Lanka wurde exkommuniziert. Der indische Theologe Sebastian Kappen wurde ebenfalls für sein Buch Jesus and Freedom getadelt. Unter dem Einfluss von Ratzinger wurde theologischen Schulen verboten, die Befreiungstheologie zu lehren, allerdings nicht im weiteren Sinne, sondern nur, wenn es sich um inakzeptable marxistische Theorien handelte.

Im August 1984 ließ Kardinal Joseph Ratzinger verlauten, dass die Befreiungstheologie einen größeren Einfluss hat, in dem Sinne, dass sie versucht, die Lehre Christi auf die Bergpredigt, was die Armen und ihre soziale Situation betrifft, anzuwenden.

Ratzinger glaubte, dass die Lehre Christi in Hinsicht auf die Armen bedeutet, dass, wenn wir sterben, ein Urteil über uns gefällt wird und dass dieses Urteil davon abhängt, wie wir die Armen behandelt haben.

Auf der anderen Seite kämpfen die Befreiungstheologen für den Klassenkampf (im marxistischen Sinn), um die Kluft zwischen Arm und Reich zu beseitigen. Kardinal Ratzinger fasste es so zusammen: „Das biblische Konzept der Armen dient als Ausgangspunkt dafür, die biblische Sicht der Geschichte mit der marxistischen Dialektik zu verbinden; es wird durch die Idee des Proletariats im marxistischen Sinn interpretiert und rechtfertigt daher Marxismus als legitime Hermeneutik, um die Bibel zu verstehen.

Die Befreiungstheologen bringen die Kirche in eine schwierige Lage: Wenn die Kirche mit dieser theologischen Lehre nicht übereinstimmt, „würde sie nur beweisen, dass sie auf der Seite der Reichen und Mächtigen und nicht auf der der Armen und Not Leidenden steht...“

Ein weiterer Problempunkt in der Befreiungstheologie ist laut Kardinal Ratzinger die Tatsache, dass das spirituelle Konzept der Kirche als „Menschen Gottes“ in einen „marxistischen Mythos“ umgeformt wird. In der Befreiungstheologie „sind die Leute die Antithese der Hierarchie, die Antithese aller Institutionen, die als unterdrückende Mächte angesehen werden. Letztendlich gehört jeder, der am Klassenkampf teilnimmt, zu diesen „Menschen“, die „Kirche der Menschen“ wird zum Gegenspieler der hierarchischen Kirche.

In Managua (Nicaragua) kritisierte Papst Johannes Paul II., was er die Bewegung „beliebte Kirche“ nannte (entstanden durch die christlichen Basisgemeinden und den Klassenkampf beeinflussend), die Ersetzung der katholischen Hierarchie durch ein lokal ausgewähltes System im Magisterium und den nicaraguanischen katholischen Klerus, der die Sandinistische Nationale Befreiungsfront unterstützte. Der Papst formulierte seine Forderungen neu und bestand auf seine Autorität als oberster Hirte der römisch-katholischen Kirche in Übereinstimmung mit dem Kirchenrecht und dem Katechismus.


Befreiungstheologie in der Praxis

Eine der radikalsten Aspekte in der Befreiungstheologie ist die soziale Organisation oder Reorganisation der Kirche durch die kirchlichen Basisgemeinden.

Die Befreiungstheologie ist in der Praxis eine Bottom-up-Bewegung mit einer biblischen Interpretation und einer liturgischen Praxis, die eher von Laienpraktizierenden als von der orthodoxen Kirchenhierarchie gestaltet wurden. Dieser Typ von Kirchengemeinde ähnelt dem unabhängigen Typ des Protestantismus. Tatsächlich arbeiten Befreiungstheologen oft in protestantischen Schulen oder in direktem Kontakt zu den Armen. In diesem Kontext wird die heilige Textinterpretation als „Praxis“ verstanden.

Die Journalistin und Schriftstellerin Penny Lernoux beschrieb diesen Aspekt der Befreiungstheologie in ihren zahlreiche Abfassungen, um die Ideen der Bewegung in Nordamerika zu erklären. Die Basisgemeinden waren kleine Versammlungen , die sich üblicherweise außerhalb der Kirche bildeten, und auf denen man über die Bibel diskutieren konnte. Sie waren besonders in den ländlichen Gebieten Lateinamerikas anzutreffen, wo es oftmals keine Gemeindepfarrer gab, und legten viel Wert auf die Teilnahme von Laien. Laut einer Schätzung sollen es im März 2007 80 000 Basisgemeinden alleine in Brasilien gewesen sein. Außerdem nutzen die Fanmi Lavalas in Haiti, die Bewegung der Landarbeiter ohne Boden in Brasilien und die abahali baseMjondolo in Südafrika die Befreiungstheologie.


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